Wie habe ich es gehasst, wenn mich früher jemand auf mein Gewicht angesprochen hat… „Na, was wiegst Du eigentlich?“ Kurze Stille… „Das weiß ich nicht!“ … das war meine häufigste Antwort. Natürlich ließ nicht jeder Fragensteller sofort locker, trotzdem habe ich diese Frage so gut wie nie ehrlich beantwortet. Aber natürlich wusste ich genau was ich wiege. Immer! Denn ich habe mich jahrelang täglich gewogen!
Jeden Morgen… angefangen habe ich damit im Bad meiner Eltern mit 12 Jahren… Meistens war die angezeigte Zahl entscheidend für meine Laune bzw. tatsächlich auch für mein Körpergefühl. Diese anfangs kleine (und später immer größer werdende) Zahl hatte einen riesigen Einfluss auf mich. Je höher das Gewicht, umso schlechter habe ich mich gefühlt. War das Gewicht geringer, fühlte ich mich beflügelt und war glücklich. Ich war echt bescheuert…
Mittlerweile weiß ich, dass die Waage nie mein Freund war und dass das tägliche Wiegen mir in keinster Weise geholfen hat. Es hat mein Selbstbewusstsein eher noch mehr geschädigt, denn ich konnte nur verlieren. Das täglich erhoffte Erfolgserlebnis blieb jahrelang aus und es hat sich erst etwas geändert, als ich meine Einstellung geändert habe. Ich gehe heute so weit, dass ich mich zuhause gar nicht mehr wiege und versuche viel mehr auf mein tatsächliches Körpergefühl zu achten.
Das Körpergewicht ist als einzelne Information sowieso nur sehr, sehr begrenzt nützlich. Außerdem nehme ich so der Waage und vor allem der angezeigten Zahl ihre Macht über mich. Im folgenden Abschnitt erkläre ich euch, warum ich meine Waage aus meinem Zuhause verbannt habe:
1. Gewichtsschwankungen sind völlig normal
Unser aller Gewicht ändert sich jeden Tag und das tut es ohne, dass wir zu- oder abnehmen. Mal haben wir mehr getrunken, mal sehr stark geschwitzt, mal sehr viel gegessen, mal stehen wir kurz vor der Periode… Es gibt so viele Dinge, die unser Gewicht beeinflussen und so kommt es, dass wir an einem Tag 1,5 kg mehr und am nächsten 2 kg weniger wiegen. Unser Körper hat sich jedoch trotzdem kein Stück verändert. Tägliches Wiegen macht also überhaupt keinen Sinn.
2. Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht
Hier kommt der meiner Meinung nach völlig überbewertete BMI (Body Mass Index) ins Spiel. Er besagt, dass man als Frau ab einem Wert von >25 Übergewicht hat. Vergessen wird dabei aber leider die Körperzusammensetzung. Eine Frau, die sehr muskulös ist wiegt viel mehr als eine Frau mit wenig Muckis und hat somit einen viel höheren BMI. Und auch der Körperwasseranteil ist entscheidend für das tatsächliche Gewicht und somit für den BMI. Im Endeffekt sind also 120 kg nicht gleich 120 kg. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen und das macht keinen Sinn. Wenn man nicht gerade Spitzensportler ist, dann kann man die Waage getrost ignorieren.
3. Übergewicht ist nicht gleich ungesund
Nur weil die Waage 60 kg anzeigt, heißt nicht, dass man automatisch gesund ist. Ich kenne mehrere sehr schlanke Menschen, die beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck haben. Ich wiege über 100 kg und habe weder Diabetes noch Bluthochdruck. Vor einiger Zeit hatte ich noch Bluthochdruck, aber mehr Sport und gesünderes Essen haben dieses Problem behoben. Und genau das ist der springende Punkt. Die Gesundheit wird von ganz vielen Faktoren beeinflusst. Das Gewicht ist nur ein Teil von vielen. Trotzdem wird es in der Gesellschaft häufig als ausschlaggebend für Gesundheit und Vitalität gesehen. Das ist meiner Meinung nach völliger Quatsch, sonst gäbe es ja auch nicht so viele ungesunde schlanke Menschen.
4. Übergewicht ist nicht gleich unglücklich
Ich habe über die Jahre gemerkt, dass ich mich bei ca. 100 kg am wohlsten fühle. Für manche Leute ist das unerträglich hoch, für andere zu niedrig, aber für mich ziemlich perfekt. Mit 100 kg habe ich laut den meisten Ärzten und den althergebrachten Gewichtsbewertungsmaßstäben noch deutliches Übergewicht. Aber das ist mir völlig egal! Mein Ziel ist es mich in meinem Körper wohlzufühlen und dazu brauche ich keine Waage mehr. Ich merke mittlerweile ganz alleine in welche Richtung sich mein Gewicht entwickelt. Wenn die Hose rutscht oder die Rückenschmerzen weg sind, dann bin ich auf dem richtigen Weg. Solche Dinge erfreuen mich viel mehr, als diese blöde Zahl auf der Waage. Dieses Wohlfühlen ist ein völlig individuelles Gefühl, das kann man nur selbst spüren und deswegen hat kein Außenstehender da ein Mitspracherecht.
Fazit
Ob wiegen, ja oder nein, kann und sollte natürlich auch jeder für sich entscheiden. Ich für mich habe aber gemerkt, dass es mich nicht weiterbringt. Wenn ich mittlerweile überhaupt noch auf die Waage gehe, dann nur noch in meinem Fitnessstudio oder beim Arzt. Dort werden nämlich auch Muskelmasse, Körperfettanteil und Körperwasser gemessen. Am besten geht es mir aber definitiv, wenn ich mich völlig frei von jeglichen Maßzahlen bewegen kann. Mein Körper zeigt mir von ganz alleine was er braucht. Sport tut mir gut, wenig Zucker tut mir gut.. beides fühle ich ganz, ganz deutlich. An manchen Tagen tut mir aber auch ein Döner mit extra Schafskäse gut. Es ist und bleibt nun mal mein Körper, mein Gefühlshaushalt und deshalb bestimme ich die Regeln selbst! Wem das nicht passt, der darf es gerne anders machen! Auch das ist völlig okay!
Wie steht ihr zu diesem Thema? Wiegt ihr euch oder habt ihr die Waage auch verbannt?
Christine meint
Vielen Dank! Deine Einstellung finde ich sensationell. Diese tägliche Zahl auf der Waage zieht einen nur runter. Vielleicht sollte ich dieses Locken auch einfach ignorieren. Ich nehme mir das fest vor!
Katja meint
Liebe Christine,
vielen lieben Dank! 🙂 Ich drücke Dir ganz fest die Daumen! <3
Sonnige Grüße
Katja
Heiko meint
Was soll ich noch sagen,sehr gute Einstellung und gelebte Erfahrung.
top geschrieben.
👍👍👍
Katja meint
Lieber Heiko,
vielen lieben Dank! <3
LG Katja