Ich war schon immer anders und es hat nicht lange gedauert bis ich das bemerkt habe. Schon als Kind wurde ich oft schräg angesehen und anders eingeschätzt als ich wirklich war. So war ich zum Beispiel viel größer (und auch dicker) als die anderen Kinder. In der Grundschule gab es genau einen Jungen, der größer war als ich und der war in der vierten Klasse und ich in der ersten. Dazu kam, dass ich auch noch wie ein Junge aussah. Mit 6/7 Jahren war mir das zwar schon bewusst, aber relativ egal. Über die Jahre wurde es mir allerdings immer deutlicher, dass ich anders bin und auch anders behandelt wurde und es fing an mich zu beeinflussen und auch zu stören. Ich begann mich für mein Äußeres zu schämen und zog mich immer öfter zurück, ging nicht mehr so oft ins Schwimmbad oder mied einige Kinder/Jugendliche des Ortes. Ich schob alle Reaktionen direkt auf mein Aussehen, denn darum ging es ja immer. Weißer Riese oder Mannweib waren nur zwei von vielen „Spitznamen“, die mir jahrelang um die Ohren flogen. Aber was sollte ich tun? Klar, ich hätte mich wehren können, prügeln (mit meinem Gewicht hätte ich so einige Kinder plattmachen können) oder selbst fies werden, aber so bin ich nicht und wollte auch nie so sein! Also, was konnte ich tun? Eine lange Zeit nichts.
An meiner Frisur konnte ich lange nichts ändern, da diese natürlich sehr durch meine Mutter bestimmt war. Ich nenne sie heute „Prinz-Eisenherz-Gedenk-Frisur“. Dass ich tatsächlich regelmäßig beim Friseur war ist kaum zu glauben, aber wahr. 😉 Mein Kleidungsstil war allerdings auch deutlich ausbaufähig, wobei wir in den 80ern ja alle noch den ganzen Tag draußen waren und uns dreckig gemacht haben. Von daher kann ich heute die Kleiderwahl meiner Mutter für mich verstehen. Mit 12 begann ich jedoch dagegen zu rebellieren und bestand darauf meine Haare wachsen zu lassen und mich anders anzuziehen. Auslöser hierfür waren zwei aufeinander folgende Ereignisse: Zuerst sprach mich eine alte Dame, die mich auf einem Weinfest sah, an (ich war als Kind gefühlt auf allen Weinfesten der deutschen Weinstraße, was bei mir zu einer regelrechten Weinphobie geführt hat: Ich hasse Wein! Aber das ist ein anderes Thema…) und fragte „Und Großer, wie heißt Du denn?“ Meine Antwort „Katja“ erstaunte sie so sehr, dass sie sich umdrehte und weglief. Grummel… Ein paar Tage später, war ich mit ein paar Freunden im Schwimmbad, es war recht kühl und wir waren nur zum Spielen dort, wurde ich von einem fremden Mädchen gefragt, ob ich mit ihrer Freundin gehen möchte, sie fände mich so süß. Das war das Ende meiner Kurzhaarfrisur. Ich ging am nächsten Tag zu einem anderen Friseur, ließ mir eine etwas flottere Frisur schneiden und ab dem Tag die Haare wachsen. Auch forderte ich von meinen Eltern endlich eine Jeans (statt Cord- oder Samthosen), die ich im Kärnten Urlaub dann tatsächlich bekam. Auch an meinem Gewicht wollte ich etwas ändern. Vorm Urlaub wog ich noch 84kg, was bei 1,75m zwar nicht übermäßig aber trotzdem zu viel für mich war. Heute wäre ich froh nochmal so „wenig“ zu wiegen. 😉 In den folgenden Monaten schaffte ich es auf 72kg abzunehmen und ich konnte dieses Gewicht halten. Erst mit 19/20 ging die Gewichtskurve wieder nach oben, aber dazu schreibe ich einen gesonderten Beitrag.
Naja, dies war auf jeden Fall mein erster Versuch mich attraktiver und „passender“ zu fühlen. So wirklich geklappt hat das jedoch nie. Die meiste Zeit in meinem Leben fühlte ich mich wie „der Koloss von Rhodos“, kaum eine Freundin war auch nur ansatzweise so groß oder vollschlank wie ich, die Jungs in meinem Alter gingen mir bis an die Brust und waren so überhaupt nicht an mir interessiert. Zum Glück lernte ich mit 13 ein paar etwas ältere Jungs und Mädels kennen, von denen einige tatsächlich größer waren als ich. Große Teile dieses Freundeskreises bestehen bis heute, wofür ich sehr, sehr dankbar bin. Trotzdem hat es bisher noch keine Zeit in meinem Leben gegeben, in der ich mich komplett in meinem Körper wohl gefühlt habe. Es gab immer Situationen, die mich daran erinnert haben, dass ich anders als die meisten und deshalb nicht so gut bin. Doch seit ich meinen Mann gefunden habe, der wirklich alles daransetzt, dass ich mich wohl und glücklich fühle, beschäftigt mich immer häufiger die Frage, warum ich nicht einfach zufrieden mit mir bin und mich komplett so akzeptiere und sehe, wie er das tut. Und: Bin ich wirklich nur, weil ich anders aussehe, schlechter als die Anderen?
Wir reden sehr viel darüber und haben einige Ähnlichkeiten in unserer Vergangenheit und Gegenwart entdeckt, durch die wir uns, zumindest teilweise, erklären können, warum wir beide so ticken (siehe Volkers Blog Post) wie wir es tun. Und weil das so ist, möchten wir auf unserem Blog beschreiben wie es uns geht, was uns beschäftigt und welche Möglichkeiten es gibt, dass es uns bessergeht und wir uns auch als große Menschen (Volker ist 1,94m, ich 1,80m) und kurvige Menschen einfach schöner und glücklicher fühlen können. Abnehmen möchten wir übrigens beide trotzdem, auch aus gesundheitlicher Sicht. Wir werden Euch auch darüber ab und an berichten und hoffen, dass Ihr uns auf unserem Weg in eine „Body positive“ Zukunft begleitet.
Sonnige Grüße
Katja
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