Plateauschuhe sind eine Modeerscheinung aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Danach waren sie mal mehr, mal weniger poplär, sind aber seit dem aus der Schuhmode nicht mehr wegzudenken.
Würdet ihr das auch so sagen?
Es klingt richtig… ist es aber nicht ganz.
Plateauschuhe gibt es schon SEHR viel länger und wie ein kleiner Ausflug in die Geschichte zeigen wird, wurden sie teils aus rein praktischem Nutzen getragen und teils waren sie eine reine Modeerscheinung. Im Venedig des 15. und 16. Jahrhunderts wurde diese Mode auf derart dekadente Spitzen getrieben, dass man diese eher im 20. und 21. Jahrhundert verkarten möchte und kaum glauben kann, dass unsere Vorfahren solch abgefahrenes Schuhwerk hatten. 😃
Belegt sind Plateauschuhe schon im antiken Griechenland. Darsteller im Amphitheater traten in Schuhen mit sehr dicken Sohlen aus Kork auf, um besser gesehen zu werden. Auch im arabischen (Nalins) und asiatischen Kulturraum (Geta) sind sehr hohe Plattformschuhe schon früh belegt. Im Mittelalter kamen die Plateauschuhe dann nach Europa. Zunächst als hölzerne Unterschuhe – sogenannte „Trippen“ – die vor allem in den aufkommenden Städten getragen wurden. Die Städte waren stark durch Abfälle, Tierkot und Abwässer verschmutzt und die Straßen waren nicht immer gepflastert. Man schnallte sich die Trippen unter das feinere Schuhwerk (aus Samt, Seide oder Leder) um es vor Verschmutzung zu schützen… aber sicher auch um nicht im Morast stecken zu bleiben. Später gab es diese Unterschuhe auch aus Metall (Patten). In manchen Gegenden gab es auch einfache, aus einem Stück hergestellte Holzschuhe (Clogs), die barfuß getragen wurden.
Im 15. Jahrhundert kamen dann in Spanien und Italien die sogenannten „Chopinen“ in Mode. Diese waren keine Über- oder Unterschuhe mehr, sondern echte Plateauschuhe. Die Sohle war 10 Zentimeter hoch und bestand aus Kork, mit sehr weichem Ziegenleder überzogen.
Vor allem die Damenwelt von Venedig zeigte hier besonders extreme Ausführungen. Auch hier hatten die Schuhe zunächst den Zweck dem Straßendreck zu entgehen, mit der Zeit entwickelte es sich aber dazu, dass mit den ausgefallen hohen Schuhen vor allem Status und Erotik demonstriert werden sollte. Man kann es sich denken, dass das einfache Volk andere Probleme hatte, als auffällige Schuhe zu tragen. Chopinen wurden vor allem von Patrizierinnen und erfolgreichen Kurtisanen getragen.
Die teilweise spektakulären Modelle hatten auch teilweise spektakuläre Höhen. Die Rede ist von Plateauhöhen von 40cm und mehr. Solche Renaissance-Gurken müssen sich hinter 70er-Jahre-Glam-Rock-Geschoßen gar nicht verstecken… und könnten es heute in manches Fetischgewölbe schaffen.
Über die Ungeheuerlichkeit der Chopines wurde viel und oft von Besuchern und Touristen geschrieben und sogar in Werken der Weltliteratur findet man Erwähnungen. So stammt der Satz „By’r lady, your ladyship is nearer to heaven than when I saw you last, by the altitude of a chopine. stammt tasächlich aus Shakespeares Hamlet (2. Akt, 2. Szene).
Mit dem Aufkommen von Absätzen, wie wir sie heute kennen, verloren Plateauschuhe dann an Bedeutung. Von der Bildfläche verschwunden sind sie aber nie ganz und die Mode spült sie immer mal wieder an die Oberfläche.
Ich finde es immer lustig festzustellen, wie etwas, das man aus der eigenen historischen Perspektive betrachtet, als spektakulär und neu erscheinen kann. Selbst dann noch, wenn man mit etwas Bildung seinen kleinen Horizont schon etwas erweitern konnte. Meistens passiert mir das bei Musik. Manches Remake hab ich da schon für das Original gehalten. Aber wie man sieht, kann einem das auch mit Schuhen passieren… 😃
Für diejenigen, die noch mehr erfahren möchten, hab ich einige weiterführende Links und Quellen zusammengestellt:
1. Wikipedia Artikel über Trippen
2. Das Metropolitan Museum Of Art bietet etwas englischen Lesestoff und Abbildungen
3. Ein cooles Buch, das offenbar nur noch im Antiquariat, dafür aber für einen kleinen Groschen erhältlich ist, ist „Schuhe: drei Jahrtausende in Bildern“ von Paul Weber.
4. Einen Artikel über moderne und historische Plateauschuhe inklusive witziger Bilderstrecke gibt es beim Spiegel
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